Jahresthema 2020-2021: Miteinander mitverantwortlich mitgestalten

25.01.2021  |  Jahresthema

Wie können wir an einer lebenswerten Zukunft für alle arbeiten? Wie können wir den Herausforderungen unserer Zeit begegnen, in der so vieles zusammenhängt und sich gegenseitig bedingt, in der globale Prozesse Auswirkungen auf lokale Lebenswelten haben, in der die Bereiche Politik, Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft eng miteinander verflochten sind und sich gegenseitig beeinflussen? Unser neues Jahresthema miteinander mitverantwortlich mitgestalten zielt auf die Handlungsmöglichkeiten, die jede*r von uns in diesem Zusammenhang hat.

Im Fokus steht dabei der Gedanke der Vernetzung miteinander. Niemand wird allein die Welt retten können, aber in der Verbindung mit anderen, durch Austausch von Ideen, Diskussionen und Dialog können Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden, die verschiedenen Perspektiven und Lebensrealitäten berücksichtigen. Wir alle sind mitverantwortlich, unseren eigenen Lebensstil zu hinterfragen und im Sinne einer lebenswerten Zukunft für alle anzupassen. Hier gilt es zu informieren und aufzuklären, sich selbst zu reflektieren, kritisches Bewusstsein zu fördern und schließlich zu ermutigen auch auf der politischen Ebene Einfluss auszuüben.

Das sind wichtige Aufgaben unseres Schwerpunktbereichs Sozial-ökologische Transformation, der im Zusammenhang mit unserem Jahresthema einen besonderen Stellenwert hat. In den verschiedenen internationalen Aktivitäten des Bereichs arbeiten Menschen verschiedener Generationen an nachhaltigen Handlungskonzepten für eine bessere Zukunft. Diese Ansätze werden aber auch in den internationalen Bildungs- und Begegnungsprogrammen unserer beiden anderen Arbeitsbereiche Zeitgeschichte und Menschenrechte sowie Inklusion vermittelt und innerhalb unseres internationalen Netzwerks geteilt. Die Kreisau-Initiative schafft durch ihre vielfältigen Projekte Möglichkeiten für junge Menschen Selbstwirksamkeit zu erfahren, sich mit anderen zu vernetzen und sich sowohl auf lokaler Ebene als auch innerhalb grenzüberschreitender Kooperationen aktiv zu engagieren. Die Teilnehmer*innen unserer Projekte werden für das Wahrnehmen ihrer eigenen Handlungsspielräume sensibilisiert und zum Mitgestalten ermutigt.

Denn letztendlich ist es das konkrete Handeln, die Umsetzung von Ideen, die eine positive Zukunftsgestaltung ermöglicht. Hierbei spielen so genannte „communities of practice“ eine zentrale Rolle[1]. Das sind Gruppen, die sich über eine gemeinsame Identität und die Bündelung ihrer Fähigkeiten in einem lernenden Prozess einem konkreten Ziel verschreiben. Als Vorbild kann uns hier der Kreisauer Kreis dienen, dessen Wirken sich aus heutiger Perspektive ebenfalls unter dem Stichwort „community of practice“ verstehen lässt. Diese Gruppe hatte trotz weltanschaulicher Unterschiede eine gemeinsame Identität und arbeitete ganz konkret im stetigen und lernenden Dialog miteinander an einer gemeinsamen Zielsetzung. Dabei entwickelte sie Strategien für die Überwindung von Hindernissen und Schwierigkeiten und konnte die unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen der Einzelnen mit Gewinn für die Gruppe einbringen.

Solche Gruppen bilden stets eine Minderheit und können trotzdem den Anstoß für gesamtgesellschaftliche Transformationen liefern. Es gilt also, nicht abzuwarten, bis die Anderen sich bewegen, sondern einfach selbst zu beginnen, im eigenen Umfeld und angepasst an die eigenen Möglichkeiten. Eben miteinander mitverantwortlich mitgestalten.

 


[1] Den Begriff prägte der Schweizer Sozialforscher Etienne Wenger in den 90er Jahren. Verwendet im Zusammenhang der aktuellen Debatte rund um Zukunftsvisionen wird er von Harald Welzer (H. Welzer: Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Frankfurt/Main 2017, S. 185ff.).

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