Erklärung zum Treffen von Rechtsradikalen in Grodziszcze

22.03.2017  |  Sonstiges

Am 11. März trafen sich in Grodziszcze, einem Nachbarort von Krzyżowa, rund 300 deutsche und polnische Rechtsradikale. Es gab ein Konzert einer Neonazi-Band, organisiert von der polnischen Sektion von Blood & Honour. Das internationale rechte Netzwerk ist seit dem Jahr 2000 in Deutschland verboten.

Schild gegen Neonazis an einer Haustür (Foto: Riki 1979)

Schild gegen Neonazis an einer Haustür (Foto: Riki 1979)

Der Vorstand der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung reagierte darauf mit einer Erklärung, die wir als Kreisau-Initiative unterstützen:

Mit Sorge und großer Beunruhigung haben wir aus der Presse von einem Konzert und einem Treffen in Grodziszcze – einem Nachbarort von Krzyżowa – erfahren, an dem viele Personen teilgenommen haben, die zur Neonaziszene gehören.

Der Bezug auf die Ideologien des Nationalsozialismus, des Faschismus oder des Kommunismus stellt einen offensichtlichen Rechtsbruch dar. Unsere Missbilligung fällt aber um so schärfer aus, weil diese Veranstaltung in direkter Nachbarschaft zu jenem Ort stattfand, an welchem vor 28 Jahren die Versöhnungsmesse gefeiert wurde, ein Symbol der polnisch-deutschen Aussöhnung und der Beginn guter nachbarschaftlicher Beziehungen beider Staaten. Und nicht nur das, vor 75 Jahren trafen sich hier die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis”, die sich dem Nationalsozialismus entschlossen entgegenstellten. Einige Mitglieder des „Kreisauer Kreises” mussten für ihre Überzeugungen mit dem Leben bezahlen.

Die Stiftung Kreisau erinnert mit ihrer Arbeit daran, wie wichtig Zivilcourage, internationaler Dialog, Versöhnung und der Kampf gegen den Totalitarismus beim Aufbau eines gemeinsamen Europas sind. Jedes Jahr heißt die Stiftung im Rahmen von Bildungsprojekten tausende Jugendliche aus Polen, Deutschland und anderen europäischen Ländern willkommen, die bezeugen, dass solch ein Dialog möglich, wichtig und sehr notwendig ist. Die Bildungsarbeit der Stiftung wird von zahlreichen Partnern unterstützt, u.a. von der Selbstverwaltung Niederschlesiens und der Gemeinde Świdnica, die die Beweggründe unseres zivilgesellschaftlichen Engagements verstehen und unterstützen.

Im Zusammenhang mit den Ereignissen, die sich vor wenigen Tagen in unserer direkten Nachbarschaft ereignet haben und die in dieser Form auch in anderen Orten der Region, des Landes und Europas stattfinden, fühlen wir uns verpflichtet, auf die große Bedeutung von politischer Bildung als einem der Ansätze die der Ausbreitung nationalistischer Einstellungen entgegenwirken, hinzuweisen.

Um den Aussöhnungssprozess, die historische Bildung, den internationalen Dialog und die grenzübergreifende Verständigung trotz aller existierender Unterschiede voranzutreiben, zeigen wir die Lebenswege von mutigen Menschen auf, die unbeirrbar in diesen Bereichen gewirkt haben. Diese Elemente sind gleichsam wichtige Grundsteine für den Aufbau einer weltoffenen Gesellschaft, die sich ihrer eigenen Identität bewusst ist.

Indem wir Verhaltensweisen und Einstellungen, die einer heuchlerischen Ideologisierung totalitärer Systeme dienen, entschlossen entgegen treten, gestalten wir die Möglichkeit einer Zivilgesellschaft, die sich ihrer Vergangenheit bewusst ist und die Verantwortung für ihre eigene Zukunft übernimmt. Darum sind uns die jüngsten Ereignisse nicht gleichgültig.

Mehr Hintergrundinformationen zu den Ereignissen in Grodziszcze finden Sie im Spiegel-Artikel vom 22.03.2017.

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